Zeynel Alkis wollte kein Polizist sein, jetzt ist er Regissuer (2024)

Zeynel Alkis ist 34 Jahre jung. Ausgestattet mit einem Dauerlächeln. Doch er hat nicht immer so gelächelt. Seinen Weg zum Glück hat er tatsächlich lange suchen müssen. Dafür ist er sogar bis nach Indien gereist.

In Aalen großer Auftritt mit „Hoodstorys“

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Im Kino am Kocher, vor einigen Wochen, da sah man wieder dieses sympathische Grinsen des Regisseurs und Schauspielers Zeynel Alkis ganz nah. Er präsentierte seinen Kurzfilm „Hoodstorys“, in dem er mit einigen Jugendlichen aus Aalen szenisch Alltägliches aus der Gesellschaft darstellte - mit versteckter Kamera. Das ist es, was er aktuell macht - und was er vor allem machen möchte: Regie führen, schauspielern, sich um Kinder und Jugendliche kümmern.

Ein langer Weg, bis das Richtige gefunden war

Es war aber ein durchaus langer Weg, den er dafür auf sich nehmen musste. Sein Weg ist nicht gerade stringent, das begann schon in der Schule. In Aalen geboren, in Oberkochen aufgewachsen, war er am Ernst-Abbe-Gymnasium versetzungsgefährdet. Er wechselte an ein Heidenheimer Gymnasium, konnte den Schwerpunkt auf Sport verlagern und packte schließlich das Abitur.

„Und dann wusste ich überhaupt nicht, was ich machen sollte“, erinnert sich Alkis. Ein Bekannter war zur Polizei gewechselt, hatte die Fragen und Antworten des Einstellungstests abgespeichert und Alkis davon berichtet.

Alternatvilos: Zeynel Alkis heuert bei der Polizei an

Da er ohnehin keine Alternative hatte, bewarb er sich und musste sich gegen rund 8000 Bewerberinnen und Bewerber durchsetzen. „Das war damals noch eine andere Zeit auf dem Arbeitsmarkt“, sagt er lachend. Da er aber die Fragen und Antworten des Tests auswendig gelernt hatte, kam er durch und wurde genommen. „Ich hatte immer das Bedürfnis in mir, Menschen helfen zu wollen und dachte, dass ich dann bei der Polizei richtig aufgehoben wäre“, war er zunächst zufrieden mit seiner Berufswahl.

„Ich dachte, dass ich vor allem mit meinen zwei Kulturen in mir bessere Brücken bauen könnte. Doch bei der Polizei hatten viele ein, aus meiner Sicht, abgestumpftes Menschenbild: auf der einen Seite der böse Kriminelle, auf der anderen Seite der gute Polizist“, erinnert er sich. Sein Vater Mustafa ist Türke, er kam mit 14 Jahren nach Deutschland, folgte damals seinem Vater.

Gutes tun bei der Polizei stellt sich für Alkis als Trugschluss heraus

Für Zeynel Alkis stellte sich das schnell als Trugschluss heraus. War er stets ein Mensch, der Konflikte überwiegend mit Kommunikation regeln wollte, gingen die Kolleginnen und Kollegen doch häufig den nonverbalen Weg, einen mit Handschellen und Festnahmen. Nach eineinhalb Jahren hatte er die Ausbildung schließlich abgebrochen. Konsequent. „Es hat sich alles so sehr von meinem Idealismus unterschieden. Als ich gekündigt habe, fühlte sich das nach Freiheit an“, sagt Alkis immer noch strahlend. Seine Suche ging weiter.

Zwischendrin studiert er auch noch Lehramt

Er begann ein Lehramtssudium, studierte Sport und Deutsch. „Ich habe aber gemerkt, dass ich unzufrieden war, fühlte eine innere Zerrissenheit, wusste aber nicht genau, woran das liegen könnte“, sagt er. Mit Mitte 20 dann machte er sich auf nach Indien. Er hatte zuvor viel über Ayurveda-Heilkunst gelesen, das gefiel ihm, dieser Kunst wollte er in Indien nachgehen. Direkt am Ursprung also.

Ich wollte vor allem nicht irgendeinen Job machen, um am Ende von Wochenende zu Wochenende zu leben.

Zeynel Alkis

Ayurveda geht davon aus, dass jedes körperliche oder seelische Ungleichgewicht Krankheiten verursacht. Grundlage für die individuelle Heilbehandlung und Ernährungsberatung im Ayurveda sind daher die drei, das körperliche und seelische Gleichgewicht bestimmenden Lebensenergien, die sogenannten „Doshas“.

Spiritueller Ansatz von Ayurveda gefällt ihm

„Der spirituelle Ansatz hat mir gefallen. So bin ich also aufgebrochen und habe in Indien einen einmonatigen Ayurveda-Kurs gemacht“, berichtet Alkis. Während seines Aufenthalts konnte er sich allerhand Gedanken machen, er wollte endlich wissen, was ihn glücklich werden lässt. „Ich wollte vor allem nicht irgendeinen Job machen, um am Ende von Wochenende zu Wochenende zu leben. Derlei Menschen kenne ich viele“, sagt Alkis. So kam er irgendwann auf die Schauspielkunst.

Wieder in Deutschland angekommen, begleitete ihn eine Freundin zu einem Vorsprechen an die Schauspielschule Zerboni. Rund 500 Mitbewerberinnen und Mitbewerber waren damals ebenfalls beim Vorsprechen. Mit seinem Monolog von Edward Norton aber überzeugte er, wurde an der Schule aufgenommen.

Kurz vor dem Schluss wird noch ein Schweige-Referat eingelegt

Um sich aber die letzte Sicherheit zu holen, hatte er sich dazu entschlossen, ein Schweige-Referat, ein sogenanntes Vipassana, auf sich zu nehmen. 15 Tage dauert dies im Regelfall, neun Tage hat es Alkis absolviert, täglich von 4 bis 22 Uhr und beinhaltete die Geh- und Sitzmeditation. 30 Minuten am Tag tauschte er sich mit der Leiterin aus.

Es war hart, es kamen traumatische Erlebnisse zutage, Ängste und Sorgen.

Zeynel Alkis

„Es war hart, es kamen traumatische Erlebnisse zutage, Ängste und Sorgen. Nach diesen zwei Wochen habe ich mich dazu entschlossen, tatsächlich mit der Schauspielerei zu beginnen“, blickt Zeynel Alkis zurück. Er spielte in Nürnberg, in Fürth oder Mannheim, landete bei einer deutschen Gruppe in Bukarest, seine Reise ging weiter. Dann aber begann die Coronapandemie, die das Schauspiel erst einmal verhinderte.

Beim Schamanen lernt er eine Frau aus Nordrhein-Westfalen kennen

2020 war Alkis bei einem Schamanen und lernte eine Frau aus Bonn kennen. Sie verliebten sich. Der Liebe wegen zog er dorthin. Diese Partnerschaft hielt aber nicht, doch in Bonn lernte er seine jetzige Partnerin kennen, mit der er mittlerweile in Schwäbisch Gmünd wohnt und mit der er ein einjähriges Kind hat. Im Rheinland arbeitete er Bürgerzentrum, dem „Büze“, mit Jugendlichen aus Bulgarien. „Die haben in prekären Verhältnissen gelebt, sechs Familienmitglieder in einem Zimmer. Das war aber eine türkische Minderheit in Bulgarien, sodass ich eine gewisse Connection zu denen hatte“, erinnert sich Alkis.

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Mit ihnen drehte er einen ersten Film, mit dem er aufklären wollte. Es ging aufwärts, die Jugendlichen hatten eine Aufgabe, Alkis und seine Kollegen hatten einen Draht zu ihnen. Doch irgendwann gab es keine Gelder mehr vom Land. Vorbei war die bis dahin geleistete Aufbauarbeit.

Anruf von der Jugendkunstschule führt ihn zurück in die alte Heimat

Aus der alten Heimat dann bekam er einen Anruf von der Leiterin der Jugendkunstschule, ob er nicht bei der PechaKucha-Night in Aalen seinen Film in einem Impuls vorstellen wolle. Gesagt, getan. Der erste Teil der Rückkehr war gemacht. „Wenn wir in Oberkochen bei meiner Mutter zu Besuch waren, habe ich früher schon immer aus Spaß gesagt, dass wir hier mal hinziehen würden. Da haben wir immer gelacht, jetzt sind wir wirklich hier“, sagt Alkis lachend. Ja, sie kamen zurück - und sind nun glücklich. Die Theaterschule in Schwäbisch Gmünd hat Zeynel Alkis vorangetrieben.

Aktuell macht er all das, was ihm Spaß macht - endlich

Hier vereint er aktuell all das, was ihn ausmacht und was er so gerne macht. Er kümmert sich um Kinder und Jugendliche, spielt Theater und führt Regie. Sein jüngstes Projekt war „Hoodstorys“, viele weitere Projekte aber sollen noch folgen. Denn glücklich arbeitet sich einfach leichter. Die beschwerliche Reise aber hat sich für Zeynel Alkis definitiv gelohnt.

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Author: Kareem Mueller DO

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